„Was muss ich mir eigentlich unter Rollhockey vorstellen?“, hören wir schon manch‘ Sportinteressierten fragen. Anders als beim Nationalsport Fußball, bedarf es hier erfahrungsgemäß einiger Worte der Information, um dem Leser diese Sportart näher zu bringen. Rollhockeybegeisterte Insider mögen jetzt schmunzeln und können ein paar Zeilen überspringen.
Rollhockey, ein wenig bekannter, aber sehr mitreißender, spannender und schneller Sport. Rollhockey, eine Sportart die dem Eishockey in nichts nachsteht. Sie ist irre schnell und voller Körperkult, taktisch klug, technisch auf hohem Niveau. Rollschuhe, eine Hartgummikugel und ein Schläger sind die Requisiten, deren Beherrschung im fortgeschrittenen Stadium manch artistisch anmutende Leistung hervorbringt. Eine Sportart, die im Aufwind begriffen ist. Ein kompromissloser Kampf, den die Spieler nicht ohne wiederholtes Auswechseln durchstehen können. Keine Zeit für Mittelfeld-Tändeleien, keine Zeit für die große Verletzten-Solonummer. 10 Sekunden bleiben, der eigenen Spielhälfte den Rücken zu kehren. Dynamik und Biss bestimmen das Geschehen. Packende Zweikämpfe sind angesagt. Die Akteure schonen weder den Gegner noch sich selbst. Und man höre und staune, auch Strafzeiten sind angesagt.
Diesen Sport gibt es in Krefeld seit 1977. Im Schlepptau des allgemeinen Disco-Fiebers, anfang der achtziger Jahre, schlossen sich einige Hülser „Parkplatz-Rollschuhläufer“ zunächst dem Verein Preussen Krefeld an. Dessen Rollhockey-Abteilung hielt sich aber nur noch mühsam über Wasser.
„Warum können wir nicht im HSV spielen?“, war eine immer wieder gestellte Frage. Einige fruchtende Gespräche mit dem Vorstand des HSV brachten eine glückliche Wende. 1981 schloss man sich als 16. Abteilung dem HSV an. Mit einem schlagkräftigen Vorstand unter dem ersten Vorsitzenden Guido Saar war die erste Hürde genommen und der Grundstein für einen offiziellen Spielbetrieb wurde gelegt. Problematisch war gewiss die Anschaffung der erforderlichen Ausrüstungen. Kostete sie für einen Feldspieler etwa 600,- DM, so musste man für eine Torwartausrüstung ca. 1.300,- DM berappen. Hier waren natürlich die Eltern gefragt und es wurden Lösungen gefunden.
In den Anfängen bestand die Abteilung aus je einer Mannschaft im Senioren- und Schülerbereich. Über die Ober- und Regionalliga erreichte die Seniorenmannschaft 1985 die II. Bundesliga. Jedoch zeigte sich schon bald, dass die Spielerdecke aus eigenen Reihen für die II. Bundesliga nicht ausreichte. Deshalb wurden Spieler aus den benachbarten Vereinen und aus den Niederlanden angeworben. Das Konzept ging nicht auf. Der gewünschte Erfolg blieb aus und der sportliche Zusammenhalt war nicht gegeben. Aller Anfang ist schwer, konnte man da nur sagen.
Somit konzentrierte sich ab 1988 ein neuer Vorstand unter der Leitung von Frank Dix auf den Nachwuchsbereich. Dies mit dem Ziel, dass nur über den Nachwuchs aus eigenen Reihen eine solide Grundlage für eine erfolgreiche Seniorenmannschaft gelegt werden konnte. Wie wir heute sehen, ging diese Rechnung auf. Die sportlichen Erfolge blieben der Abteilung nicht verwehrt. Neben der Deutschen Schüler- Vizemeisterschaft 1989 und der Teilnahme an verschiedenen Endrunden zu Deutschen Meisterschaften erreichten die Bambinis 1991 den 3. Platz in der Deutschen Meisterschaft, ausgerichtet von der Rollhockeyabteilung des HSV in der Halle am Horkesgath. 1994 folgten die Junioren unter Trainer Günter Wagner dem Beispiel der Bambinis und belegten ebenfalls den 3. Platz bei der Deutschen Meisterschaft. Selbst unsere „Minis“ (5-7 Jahre) erreichten 1995 im DRB-Pokal einen 2. Platz. 1996 konnten die B-Jugend und 1998 die C-Jugend nochmals von der DM Bronze mit nach Hause bringen.
Unvergessen auch die Ausrichtung der Deutschen A-Jugendmeisterschaft 1996 in der Horkesgath-Halle unter dem neuen Vorsitzenden Ernst-Wilhelm Frenzen. Zur Zeit nehmen eine D-Jugend, C-Jugend-, zwei B-Jugend- und eine A-Jugendmannschaft an den NRW-Meisterschaftsrunden teil. Im November werden wir wieder einmal für eine Ausrichtung der Deutschen-Meisterschaft verantwortlich zeichnen. Diesmal für die D-Jugend. Eine Damenmannschaft wurde aufgebaut und ist im Juli 2005 sogar in die 1. Bundesliga aufgestiegen.
Seit Jahren erfolgreich im oberen Tabellendrittel der II. Bundesliga Herren fand man unsere 1. Mannschaft. Unter dem niederländischen Spielertrainer Eric Zonnevijlle hatte sich eine „tolle Truppe“ zusammen-gefunden, die das Zuschauen bei den Spielen zum Erlebnis werden ließ. Das Spielerpotential beruhte hier ausschließlich auf eigenem Nachwuchs.
Im Sommer 1998 holte das Team erstmals in der Vereinsgeschichte den Meisterschaftstitel in der II. Bundesliga und schaffte somit den Aufstieg in die I. Liga. Doch schon nach einem Schnupperkurs in der Saison 98/99 ging es wieder zurück in die zweite Liga. Unter dem Vorsitzenden E.W. Frenzen wurde der neue Trainer Renato Martins verpflichtet. Der erneute Aufstieg im Frühjahr 2000 konnte mit seiner Hilfe perfekt gemacht werden. Seitdem heißt es Anspruch und Zielsetzung herunterzuschrauben. Neue Erfahrungen sammeln kann auch ein Ziel sein. Und war das Ziel in früheren Jahren noch der 1. Platz, so wäre ein Klassenerhalt in der 1. Liga ein hochgestecktes Ziel für die Zukunft. Glücklicher Zufall, dass verbesserte Rahmenbedingungen für dieses Ansinnen in Form einer neuen städtischen Sporthalle geschaffen wurden. Seit Ende 1999 ist die Rollhockeyabteilung in der Lage Training und Spiele in einer, rollhockeygerechten Halle mit Zuschauertribüne, inmitten des Hülser Zentrums durchzuführen. Eine angenehme Begleiterscheinung sind die nun steigenden Mitgliederzahlen, über die sich unserer engagierter neuer Vorsitzender Michael Jansen sicher freut. Das erklärte Ziel unserer Abteilung ist, jedem der aktiv Rollsport betreiben möchte, die Möglichkeit zur Teilnahme am Spielbetrieb zu geben. Um dieses Ziel langfristig zu sichern, sind und werden Schiedsrichter und Übungsleiter aus den eigenen Reihen ausgebildet. Ein Dankeschön an dieser Stelle an alle Eltern und Jugendlichen, die durch Ihr Engagement zum Fortbestand und Erfolg unseres Rollsports beitragen.
Trotz manch erreichtem Ziel, die „Familie“ der Rollhockeybegeisterten ist noch klein, man möchte fast sagen, jeder kennt jeden und das nicht nur im eigenen Verein. Die oft ausgesprochene Empfindung, dass es bei uns richtig familiär zugeht, hat ihre Berechtigung. Kameradschaft und Teamgeist, gegenseitige Hilfe und Unterstützung sind keine alten Zöpfe, sondern überall und jederzeit selbstverständlich. Soziale Erfahrungen zu sammeln und Sport als ein „Miteinander mit Spaß“ zu erleben, sind in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels für uns und unsere Jugend sehr wichtig.
Der Wettkampf aber ist und bleibt eine sportliche Auseinandersetzung – und die findet nur auf dem Spielfeld statt. Wenn es dabei „um die Wurst geht“ unterscheidet sich Rollhockey von keiner anderen Sportart. Begeisterung und Kampfgeist sind bei unseren „Kids“ ebenso ausgeprägt wie bei den „Großen“. Schließlich und letztendlich wollen wir alle etwas erreichen. Was spricht gegen ein paar Träume oder ein gestecktes Ziel? Nicht jeder Traum (z.B. eine eigene Rollsportanlage) muss sofort in Erfüllung gehen, nicht jedes Spiel muss von Erfolg gekrönt sein; denn wie heißt es doch so oft zitiert: „Der Weg ist das Ziel!“
Im Juli 2001 Der Chronist
Ernst-Wilhelm Frenzen